Mittwoch, 12. Juni 2013

Sieben oder acht Seiten der Wahrheit

 

Lokales |  08.03.2008 | 23.24 | Zabaione
Sieben oder acht Seiten der Wahrheit

Da ich die Übersetzung von Elliot Perlmans Buch “Sieben Seiten der Wahrheit", mit seinen 859 Seiten, erst eine Woche vor der Veranstaltung auf der Lit. Cologne, in die Hand bekam, war mir direkt klar, ich schaffe es nicht mehr, den Roman vorher zu lesen.  

Ich finde es toll wenn man schon mal den Autor eines Romans vor sich sitzen hat, und man die Möglichkeit hat Fragen zu stellen, die sich mit inhaltlichen Dingen befassen.

Grob erzählt er die Geschichte eines Mannes Namens Simon, der auch nach zehn Jahren, seine große Liebe nicht vergessen kann.

Sie hat inzwischen eine eigene Familie gegründet und einen Sohn.
Simon entführt den Jungen spontan und wie es dazu gekommen ist und wie es den sieben Protagonisten ergeht, was sie denken, was sie fühlen, erzählen sie jeweils selbst , in den sieben Teilen des Romans.

Die Empfehlung der New York Times dazu lautet:
unbedingt lesen. Es lohnt sich.

Wir kamen gegen 16.30 Uhr zum Literaturschiff, und da waren dann schon ca. 50 vor uns.
Um ca. 17.20 war Einlass und dann sah die Schlange so aus:
Lit. Cologne 2011
Als wir dann saßen wurde es richtig gesellig das Publikum
Gebucht hatten ich die Veranstaltung als die Übersetzung noch nicht raus war, weil ich den Titel und den deutschen Vorleser Hannes Jaenicke, ganz nett fand, der auf einem Schiff lesen sollte.

In der achten Wahrheit hatte der wohl zuviel zu tun und die deutsche Übersetzung wurde von Heikko Deutschmann gelesen, der es nicht geschafft hat, mich für ihn einzunehmen und mir den Text näher zubringen, müssen Schauspieler immer alles so schrecklich betonen?
Welche Betonung hätte meine innere Stimme gewählt?

Von der Moderatorin, Antje Deistler, die grundsätzlich davon ausging das jeder der Anwesenden alles versteht, nur weil er ein paar Jokes verstand oder an der richtigen Stelle klatschte, hätte ich mir gewünscht das sie mehr übersetzt hätte. Auch wenn ich im Groben Perlman folgen konnte, hätte eine Übersetzung mir mehr Details geliefert.

Das Schiff war so groß, dass es einem Tanzsaal glich. Es war daher auch, wenn der Motor am Boden vibrierte und es hin und wieder leicht schwankte, mal der Kölner Norden und mal der Kölner Süden an einem vorbeizog, für mich, weil der Anspruch des Textes und der Fremdsprache schon genügend Aufmerksamkeit band, ein Unort.
z.B. das italienische Kulturinstitut hätte mir als Veranstaltungsort besser gefallen (perque no)

Elliot Perlmann, Elliot Perlman ein charmanter Mittvierziger ist mir indes ans Herz gewachsen, er, der wie Gianrico Carofiglio als Anwalt gearbeitet hat, bevor er sich ganz dem Schreiben widmete, erzählte auf Deistlers Nachfrage, wie schwer die Recherche in Melbourne, im Prostituiertenmilieu gewesen sei, da die Frauen dort nicht auf der Straße arbeiten dürften und er in Etablissements gehen musste und auch dort hätte es kein Konferenzzimmer gegeben.

Im Aufenthaltszimmer der Mädchen, hätten alle durcheinander gequatscht und ansonsten hätte er für die Recherche mit aufs Zimmer gehen müssen.
Vorher hätte er mit seiner Freundin telefoniert, die nicht recht wusste was sie davon halten sollte.

Wegen seiner gesellschaftskritischen Äußerungen hat er, neben vielen Preisen, in der australischen Presse nicht nur Lorbeeren geerntet und gerade hier fühlte ich mich auf einmal verstanden und konnte meine Befürchtungen hinsichtlich der Freien Sozialen (?) Marktwirtschaft wieder finden.

Er warnte vor Globalisierung, wir sollten uns in unserem Wachstumsstreben nicht blenden lassen, den Amerikanern nicht nacheifern. Die Menschen würden dabei auf der Strecke bleiben.
Zum Abschluss wurde folgender Auszug in englisch und deutsch gelesen:

Das ist die bedeutendste Einzelleistung des letzten Vierteljahrhunderts, besser noch als Prozac oder Zoloff:
Die Versklavung von Millionen von Menschen, unter der Schirmherrschaft der Globalisierung, durch die Tyrannei eines entfesselten ,deregulierten Marktes und einer von allen Schutzgesetzen “befreiten? Wirtschaft - und das dann als den entscheidenden Sieg der Freiheit zu feiern.

Aus allen Ecken strömen sie in die Stadt. Und in jeder Stadt kommen sie aus allen Ecken, Tag für Tag - unwissende, gebrochene, leidende Objekte, um nach Arbeit zu suchen, die es nicht mehr gibt, nach dauerhafter, angemessen entlohnter Arbeit. Doch die ist verschwunden. Verschwunden in Länder, wo Arbeitskräfte spottbillig zu haben sind. Lasst euch nicht täuschen, lasst euch nicht blenden vom grellen Schein der überallbrennenden Lichter, die grausam nie erlöschen. Sie spenden keine Wärme. Es ist eine kalte viehische Zeit.?


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Kommentare | 1 bis 8 von 8 Kommentieren


10.03.2008 | 10.51 Uhr | Zabaione Bei Prozac und Zoloff, handelt es sich um ein Antidepressivum und ein Schlafmittel



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10.03.2008 | 10.46 Uhr | Zabaione Hallo Lemmi,
ich könnte auch ganz gut ohne Arbeit zurecht kommen, ich bin mir sicher, ich finde Beschäftigung.....aber wovon lebe ich dann und du weißt das doch als Rentner, man hat (in dem Fall hätte) noch viel mehr Zeit um Geld auszugeben;)
mit lieben gruß
Zabaione




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10.03.2008 | 10.37 Uhr | ing.lambertz Hallo Zabaione,
wer arbeitslos ist muß entweder zum Nomaden werden und der Arbeit hinterherreisen. So machen es die Amis doch in etwa. Die sind nicht so bodenständig, gehen dahin, wo Arbeit ist und leben z.T. sogar in Wohnmobilen.
Die zweite Möglichkeit wäre, sich frei zu machen vom Ethos der Arbeit. Lernen, dass auch Nichtarbeiten seinen Reiz haben kann. Dann allerdings muß man sich auch vom Druck und Anspruch der Gesellschaft frei machen und sich nichts daraus machen, dass man in den Augen der Arbeitssklaven als Mensch niederer Kaste gilt.
Ich stelle diese Hypothesen nur einmal zur Disposition. Es müssen vielleicht einfach die Paradigmen und Wertvorstellungen der Gesellschaft sich wandeln. Wir haben Maschine, die arbeiten.
Gruß Lemm(y)i




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10.03.2008 | 10.25 Uhr | Zabaione Hallo Röschen, ich glaube das kommt immer drauf an.
als Senta Berger in einer Lesung Ingeborg Bachmann gelesen hat, hat mir das den Text nähergebracht!
gruß
Zabaione

Jumbo wer sind eigentlich unsere deine fünf Nicks du und dein "Fanclub"?




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10.03.2008 | 08.33 Uhr | Roeschen Guten Morgen Zabaione:

DAnke, für Deinen Bericht erstmal!

"Müssen Schauspieler immer alles so betonen"! war Deine Frage!
Ich war ja nun auch bei Lesungen, kann nicht beurteilen, wie Herr Deutschmann gelesen hat. Jedenfalls mir hat Joachim Kröl und Maria Schneider unglaublich gut gefallen. Es war, wenn ich die Augen schloß, wie ein Hörbucherlebnis. Aber mit Recht weist DU daraufhin, dass der jeweils Vortragende mit seiner Stimme, Betonung und Artikulation etwas charakterliches hineingibt. Bei den ANtroposophen z.B. ist es wichtig, dass beim Vorlesen, gerade den Kindern, nichts betont wird, die Stimme nicht besonders eingesetzt wird, auch bei Spannungsbögen. Ich selber habe jahrelang Marionettentheater gespielt und auch vorgetragen. Es ist eine der schwersten Übungen, Märchen, Geschichten und Erzählungen vorzutragen, ohne seine eigene mit dem Lesen verbundene Emotion hineinzugeben.




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10.03.2008 | 08.12 Uhr | Roeschen Das Buch habe ich auf meinem Nachttisch liegen. Herr Perlmann scheint mit seinem Roman ein weiterer Rufer in der Wüste zu sein!

Einen schönen Tag Dir

Röschen




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10.03.2008 | 07.19 Uhr | Zabaione Jumbo, wenn du sonst keine Probleme hast, mir fällt sicher
noch das ein oder andere ein, hauptsache du langweilst dich nicht!




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10.03.2008 | 00.56 Uhr | No_name204 "Sie hat inzwischen eine eigene Familie gegründet und einen Sohn."


Hahahahahahahahaha.

Man kann also auch Kinder "gruenden" ?? Familie und Firma leuchten mir ein, aber Kinder??

Jene geniale STilbluete wird ein Plaetzchen in unserer Sammlung finden. Danke fuer diesen Service-

Wie gehts den Kindern, Zabaione??




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