Mittwoch, 26. Juni 2013

L.C.2012 Die Mafia lässt grüßen

 

Lokales |  20.03.2012 | 01.50 | Zabaione
Es ist nicht das erste Mal, dass wir es auf der lit.COLOGNE mit Mafiajägern zu tun haben. Ich erinnere mich an den Anti-Mafia-Richter und Krimiautoren Gianrico Carofiglio, der einmal allein und einmal mit dem zu Unrecht des Mordes verurteilten Massimo Carlotto (Autor) in Köln auf der lit.COLOGNE gelesen hat.

Diesmal sind wir im Theater am Tanzbrunnen und bekommen die Taschen durchsucht. Es sind jede Menge Fotografen gekommen und auch ein Kamerateam ist dabei.
Vor dem Saal spreche ich wagemutig einen der Fotografen an, darf Kameras in der Hand halten, die anderthalb mal so viel wie mein Auto kosten und eine Fototasche heben, die fast so schwer ist wie mein Auto. Wir fachsimpeln über Objektive und ich beschreibe ihm die Suppenschüssel, die ich bei einer Veranstaltung mit Mo Hayder gesehen habe. Er hält nicht viel davon, da würden die eigenen Füße mit auf `s Bild kommen. Jetzt bin ich nur noch halb so neidisch, so schwer darf es nicht sein, ich habe jetzt schon manchmal Schulter ;-).

Dann geht die Tür auf und wir können uns unsere Plätze suchen, G.hat mich gut beraten, wir haben klasse Plätze.

Es dauert noch was bis die Veranstaltung anfängt und dann kommt er mit Bodyguards auf die Bühne :
Roberto Saviano, sein Name klingt wie ein Sahnebonbon, der seit Erscheinen seines Millionenbestsellers “Gomorrha” aus dem Untergrund die Lega Nord, die beste Kontakte zur kalabresischen ’Ndrangheta unterhält, bekämpft.

Saviano ist von Hause aus Journalist und seine einzige Chance zu überleben ist (war) entweder ins Exil zu gehen (mit einem neuen Gesicht oder Verkleidung) oder weiter zu machen. Er möchte weiter machen, obwohl sein freies Leben vorbei ist und er nach wie vor mit sich hadert, ob es das wert ist.

Seine Familie lebt im Exil. Denn eines weiß er ganz genau, die Mafia vergisst nie etwas! Als er das letzte mal in seinem Dorf war, haben alle die Rolladen heruntergelassen (nichts sehen, nichts hören, nichts sagen). Zum Casting seines Filmes sind sie aber alle gekommen, da konnte die Mafia nichts machen ;-)

Er sieht blass aus, vom Leben gezeichnet. Saviano traut sich nicht mehr öffentliche Plätze zu betreten, er wird ständig bewacht und wechselt alle zwei Tage die Wohnung.

Moderiert wird die Veranstaltung von Dominik Wichmann, gleicher Look wie Saviano (10 Jahre älter, sieht man aber nicht) etwas dünner und braun gebrannt im Gegensatz zu Saviano, das blühende Leben!
Mit dabei zum Übersetzen: die charmante Paola Barbon.

Saviano erzählt, dass er hier im Saal mit 1000 Menschen atmen kann und ich denke, dass es leicht gewesen wäre eine Knarre mit in den Saal zu schmuggeln.
Da klingelt das blöde Handy, ich hatte vermutlich beim Umschalten nicht richtig abgespeichert, der Bodyguard lässt mich seit dem nicht mehr aus den Augen, ich werde nicht die einzige bleiben, deren Handy klingeln wird, so ist mir das nur noch halb so peinlich...

Die Mafia, das ist Sizilien, Robert de Niro und Al Pacino, auf jeden Fall ganz weit weg. Denkste!
In Roberts Savianos neuesten Buch liest sich das schon beim Klappentext anders :

„Um nicht Opfer der Umstände zu werden, muss man sie erzählen, wie sie sind, schreibt Saviano. In seinem Buch schildert er nicht nur die Struktur und Geschichte der kalabresischen `Ndrangheta, die sich auch in Deutschland ausgebreitet hat, wie es das Massaker von Duisburg bewusst machte. Er erzählt auch, welche Kontakte sie mit eben jener Lega Nord pflegt, die mit der Drohung einer Abspaltung des Landes Wahlen gewinnt.
Und er beschreibt das seit 16 Jahren andauernde Müllproblem in Neapel. Währenddessen verkommt die politische Auseinandersetzung in den von Berlusconi beherrschten Medien zur privaten Schlammschlacht. Solange der Rechtsstaat ausgehöhlt wird, beklagt Saviano, wird sich die Kultur des Verbrechens immer weiter durchsetzen“
(Auszug aus dem Klappentext.)

Er erzählt vom kriminellen „Fusch“ am Bau, durch den acht Studenten bei einem Erdbeben sterben mussten und ich denke an das Stadtarchiv, von dem es hieß, es hätte erhebliche Baumängel gegeben.

Die Mafia habe sich in Deutschland im Osten eingekauft und würde hier ihr Geld waschen und wir seien auf dieses Verbrechen schon allein gesetzmäßig nicht vorbereitet.
Er erzählte von einem Priester, den die Mafia erst diffamierte und dann ermordete.

Es war ein interessanten Abend den deutschen Text las mit bravour Michael Weber vom Schauspiel Köln.

Interview
Noch anzumerken:
An diesen Abend wurden keine Bücher signiert.
Bericht im KStA
( ich habe noch mal was aus den Kommentaren ergänzt)


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